Folge 5 – Warum Einfühlungsvermögen im Klinikalltag so wichtig ist

Shownotes

Was machen MFA in der Psychiatrie? Viele denken an klassische Aufgaben wie Termine koordinieren, Patient:innenakten organisieren und Blut abnehmen. Doch der Arbeitsalltag von Medizinischen Fachangestellten in psychiatrischen Einrichtungen ist deutlich vielschichtiger und noch näher am Menschen.

Nina Esch-Werdier, nichtärztliche Praxisassistentin in der LVR-Klinik Bonn, spricht in der neuesten Folge „Seelenarbeit“ darüber, warum man in Ihrem Beruf Organisationstalent, Vertrauensperson, Kummerkasten oder auch Anker im Alltag ist – und was ganz konkret ihre Arbeit in der Traumaambulanz ausmacht.

Dabei geht sie mit unserem Moderator Daniel Schwingenheuer im Gespräch darauf ein:

  • Wie vielfältig und verantwortungsvoll die MFA-Rolle in psychiatrischen Kliniken wirklich ist.
  • Warum Zuhören so elementar wichtig ist.
  • Wie man als MFA in der Traumaambulanz Menschen mit einem erlebten Trauma begleitet.
  • Warum Empathie, Geduld und Teamarbeit in der psychiatrischen Arbeit so wichtig ist.
  • Und wie Angehörige bei einem Trauma unterstützen können und welche Rolle sie im Genesungsprozess spielen.

Für alle die wissen wollen, was Seelenarbeit im Alltag bedeutet und tiefe Einblicke rund um psychische Gesundheit und den Arbeitsalltag im psychiatrischen Feld erfahren möchten. Jetzt reinhören!

Triggerwarnung: In diesem Podcast sprechen wir über psychische Erkrankungen. Wenn dich diese Themen belasten könnten, höre bitte achtsam zu und hol dir professionelle Unterstützung, wenn du sie brauchst.

Tipp: Neue Folgen erscheinen jeden zweiten Dienstag im Monat. Jetzt abonnieren – und keine Folge verpassen! Weitere Infos: www.sinnvoll.lvr.de

Du hast Feedback, Fragen oder Anregungen zu unserem Podcast? Dann schreib uns gerne unter seelenarbeit@lvr.de

Podcast-Empfehlung: In unserem Podcast „RheinlandRAUSCH“ geht es um echte Geschichten von Menschen, die ihren Weg aus der Sucht gegangen sind, um mutmachende Gespräche mit Expert*innen und um hilfreiche Informationen, die dir oder deinen Liebsten den ersten Schritt in Richtung Hilfe erleichtern sollen. Ob du selbst betroffen bist, dir Sorgen um jemanden machst oder einfach mehr über das Thema erfahren möchtest – wir sind hier für dich. RheinlandRAUSCH | Podcast on Spotify

Transkript anzeigen

00:00:00: Der Mensch kann ja gut funktionieren bis zu einem gewissen Punkt.

00:00:04: Ja, und selbst wenn das Trauma halt schon ein paar Jahre zurückliegt.

00:00:07: Es war halt ein belastendes Ereignis, was ein auch nach Jahren nochmal total umwerfen kann.

00:00:14: Und es lohnt sich dann immer, dieses Ereignis anzugehen, um es einfach zu verarbeiten.

00:00:30: Unser Ziel Vorurteile abbauen, Einblicke geben und den Menschen hinter dem Beruf sichtbar machen.

00:00:36: Denn Seelenarbeit beginnt mit echten Geschichten und hier erzählen wir sie.

00:00:47: Und heute geht's für uns in die südlichste der neuen LVR-Kliniken in NRW.

00:00:52: Wir reisen nach Bonn und werden viel über Traumotherapie erfahren.

00:00:56: Herzlich willkommen zur fünften Folge von Seelenarbeit.

00:00:58: Ich bin Daniel Schwingenheuer, euer Host und freue mich auf ein tolles Gespräch mit der MFA, mit der medizinischen Fachangestellten an der LVR-Klinik in Bonn.

00:01:07: Nina Eschwertier, hallo Nina, schön, dass du dir heute Morgen die Zeit nimmst.

00:01:10: Ja, guten Morgen Daniel, vielen Dank, dass ich dabei sein darf.

00:01:13: Ihr habt schon gesagt, heute Morgen Aufnahmezeit ist so kurz vor zehn Uhr Vormittags.

00:01:17: Was machst du normalerweise um diese Uhrzeit?

00:01:19: Gibt es da irgendwie ein zweites Frühstück in der Klinik oder sowas?

00:01:22: Zweites Frühstück nicht.

00:01:23: Ja, meistens dann halt entweder in Telefonaten mit Patienten, die sich anmelden für die Traumaambulanz oder auch Patienten, mit denen ich Anträge ausfülle, berate.

00:01:35: Ja, ja, so auf Stadt.

00:01:37: Also, normalerweise schon voll in der Arbeit.

00:01:38: Heute gibt es erst mal Podcast.

00:01:40: Echte Fans von Seelenarbeit, die wissen natürlich nach vier Folgen, dass es hier manchmal schon ganz schön ins Detail gehen kann, aber es gibt ja auch immer wieder neue Zuhörerinnen und Zuhörer, auch euch erst mal ein herzliches Willkommen.

00:01:50: Und natürlich auch der Hinweis, auch in dieser Folge geht es um psychische Erkrankungen.

00:01:55: Wenn diese euch triggern oder emotional belasten, dann hört bitte nur weiter zu.

00:01:59: Wenn ihr euch aktuell stabil fühlt oder in Begleitung seid und zögert, niemals professionelle Hilfsangebote in Anspruch zu nehmen, wenn es euch nicht gut geht.

00:02:07: Nina, jetzt lernen wir dich erst mal besser kennen.

00:02:09: die spannendsten Aspekte deines Lebenslaufes rausgepickt und fass das mal ganz kurz zusammen.

00:02:15: Du kannst mich jederzeit unterbrechen, wenn ihr irgendwas nicht stimmen sollt, okay?

00:02:18: Ja.

00:02:19: Großartig.

00:02:19: Also du bist in Südafrika geboren und kamst dann mit drei Jahren das erste Mal nach Deutschland.

00:02:26: In Südfrankreich.

00:02:27: Ich bin in Südfrankreich.

00:02:29: Ah, okay.

00:02:30: Wo kam denn diese Information

00:02:31: her?

00:02:32: Bist du in der Nähe von Paris und bist danach wieder nach Deutschland gezogen?

00:02:40: Also es war so ein Hin und Her zwischen Frankreich und Deutschland.

00:02:44: Dann hast du deine Ausbildung gemacht zur MFA bei einem Facharzt für innere Medizin.

00:02:51: Und am fünftzehnten, zwölften, neunzehnundneunzig hast du beim LVR angefangen.

00:02:55: Also neun Tage vorher hell ich Abend quasi.

00:02:57: Genau.

00:02:58: Und musstest du an Weihnachten damals arbeiten?

00:03:01: Nein, da hatte ich frei.

00:03:03: Großartig.

00:03:04: Du warst erst zwei Jahre in der Röntgenabteilung im Sekretariat.

00:03:08: Da fehlte dir dann aber... Die direkte Arbeit mit Menschen.

00:03:11: Und deswegen bist du zweitausend in die allgemeine psychiatrische Ambulanz gewechselt.

00:03:16: Da hast du unter anderem auch den Kampf gegen die Papierberge aufgenommen.

00:03:20: Du hast ein Scan-Programm an den Staat gebracht, um die damals noch Papierbasierten-Patienten-Akten zu digitalisieren.

00:03:27: Dafür hast du dann sogar eine Prämie vom Ideenmanagement bekommen.

00:03:30: Da sprechen wir dann später auch noch mal drüber.

00:03:32: Und seit zwei Tausend dreizehn bist du in der Trauma-Ambulanz.

00:03:36: Ist das richtig?

00:03:37: so weit?

00:03:37: Das ist richtig, ja.

00:03:39: Sehr gut.

00:03:40: Dann machen wir jetzt weiter mit unserer Schnellfrage Runde.

00:03:42: Da muss jeder durch in diesen Podcast kommt.

00:03:44: Deine Aufgabe ist jetzt so schnell wie möglich, so kurz wie möglich zu antworten.

00:03:49: Welche drei Schlagworte beschreiben deinen Beruf?

00:03:52: Organisationstalent, Empathie, medizinisches Fachwissen.

00:03:56: Was machst du, wenn du nach einem intensiven Arbeitstag abschalten möchtest?

00:04:02: Ja, ich koche mit Backe halt sehr gerne.

00:04:05: lenkt mich halt ab und da komme ich eigentlich richtig runter.

00:04:09: Ich bin auch an den Wochenenden gerne viel ansehen, am Wasser.

00:04:13: Das entspannt mich total.

00:04:15: Abende mit meinen Freunden oder auch mal halt ein gutes Buch lesen.

00:04:21: Hast du mal kurz dazwischen, hast du so ein Gericht oder irgendwie ein Kuchen, für den du bekannt bist?

00:04:27: Man sagt, meine Apfeltaschen schmecken sehr lecker.

00:04:32: Großit, das können wir festhalten, oder?

00:04:35: Wir machen weiter mit der dritten Frage.

00:04:37: Wenn du deinem jüngeren Ich einen Satz zur Arbeit in der Psychiatrie sagen könntest, welcher wäre das?

00:04:43: Dass man ohne Vorurteile reingehen soll, dass man keine Angst und Berührungsängste haben muss und dass man viel bewirken kann.

00:04:52: Ah, großartiges Statement hier schon am Anfang.

00:04:55: Wir schauen uns dein Werdegang nochmal genauer an.

00:04:57: Ich bin manchmal fasziniert davon, welche Wege sich so im Leben ergeben, als du in Südfrankreich geboren wurdest.

00:05:03: War vermutlich damals niemand klar, dass du eines Tages im Bonn an der LVR-Klinik arbeiten würdest.

00:05:09: Du bist mit Reitern das erste Mal zurück nach Deutschland, dann wieder in die Nähe von Paris und wieder zurück nach Deutschland.

00:05:14: Gibt es benennbare Gründe, warum du am Ende hier gelandet bist oder hat sich das einfach so ergeben?

00:05:18: Nee, das war durch die Arbeit von meinem Vater.

00:05:21: Er hat halt für die Regierung gearbeitet und dadurch sind wir halt viel ins Ausland gezogen und also waren immer für ein paar Jahre halt stationiert.

00:05:31: Gerade Frankreich, weil seine Familie halt auch aus Frankreich kam und ... Ja, meine Eltern sind später auch noch mal ein Nitzer gewesen, aber da habe ich halt auch schon hier gearbeitet.

00:05:41: Und wir hatten halt hier auch unser Haus.

00:05:43: Und dann, deswegen war halt klar, dass wir irgendwann halt wieder zurück in die Nähe von Bonn ziehen werden.

00:05:49: Und so bin ich dann halt auch zur LVR Klinik gekommen.

00:05:52: Ist das für dich immer noch so eine besondere Beziehung zu Frankreich?

00:05:56: Oder ist das inzwischen ein Land für jedes andere?

00:05:58: Nee, also meine große Schwester ist halt da geblieben damals.

00:06:01: Die hat halt da ihr Abi gemacht und studiert.

00:06:03: Ich fahre öfters hin.

00:06:05: Und meine Patentante wohnt halt immer noch in Südfrankreich, in dem Ort, wo ich halt geboren bin.

00:06:10: Hm.

00:06:11: Du hast dann irgendwann deine Ausbildung zur MFA bei einem Facharzt für innere Medizin gemacht und dann bist du trotzdem in die psychiatrische Klinik gewechselt.

00:06:19: Was waren die Gründe dafür?

00:06:21: Eine der Gründe war, dass wir halt in der Praxis auch schon Patienten hatten, die auch an einer psychischen Erkrankung gelitten haben.

00:06:31: Und ja, es ist ja schon lange her, dass ich da gearbeitet habe.

00:06:35: Da war das Thema, glaube ich, noch weniger offen als heute.

00:06:38: Und die waren halt immer sehr scham behaftet.

00:06:41: Also eigentlich wollten sie nie darüber sprechen.

00:06:45: Ich habe halt viel mit meinem damaligen Chef dann darüber gesprochen.

00:06:49: Und dann kam es so, dass eine meiner Kolleginnen in die LVR-Klinik nach Bonn gewechselt hat.

00:06:54: Und ja, wir hatten natürlich viel Kontakt.

00:06:56: Sie hat mir viel erzählt und ich fand das ganze Thema sehr, sehr spannend.

00:07:00: Und hab dann halt großes Interesse entwickelt, dann auch in die Psychiatrie zu wechseln.

00:07:05: Kannst du das benennen, was genau du an diesem Bereich Psychiatrie, psychiatrische Erkrankungen, was du daran spannend findest?

00:07:13: Ja, hier ist halt nicht jeder Tag wieder andere, ne?

00:07:15: Also es gibt halt so ein... ein großes Spektrum an psychischen Erkrankungen.

00:07:20: Viele Menschen, wenn sie hören, man arbeitet in der Psychiatrie, leider kommen immer noch so Fragen wie, oh, das traust du dich.

00:07:28: Dabei sind es genauso Menschen, wie jeder halt andere auch.

00:07:32: Und dann auch zu sehen, wenn jemand halt kommt, dem es halt wirklich sehr, sehr schlecht geht, dass man den Stück begleiten kann, dass es ihm wieder besser geht.

00:07:39: Ja, das macht eigentlich sehr viel aus, was unsere Arbeit angeht.

00:07:43: Ich muss noch ein bisschen Housekeeping betreiben.

00:07:45: Ich habe am Ende der letzten Folge mit der Pflegerin Michelle Schugga gesagt, dass wir in dieser Folge auch lernen, was eine nicht-ärztliche, fachärztliche Praxisassistentin eigentlich ist.

00:07:55: Das ist ein ganz schön komplizierter Begriff.

00:07:56: erstmal, ne?

00:07:57: Das ist eine Art Weiterbildung, die du gemacht hast?

00:08:00: Genau, das ist halt nochmal eine spezielle Fachqualifikation.

00:08:05: Da werden halt die ganzen psychiatrischen Diagnosen vertieft, ne?

00:08:10: Also... auch was die Medikamente angeht, ja, also man lernt viel mehr für welche Erkrankung ist, welches Medikament gut, welches weniger.

00:08:19: man kann Wohnheime betreuen.

00:08:23: Man ist viel qualifizierter, weil man halt viel mehr ins Detail halt reingeht.

00:08:28: Man kann die Ärzte halt entlasten, also was vorgespräche angeht, was Aufregnamegespräche halt angeht, genau.

00:08:35: Das ist einfach nochmal viel tiefer in die Materie reingehen.

00:08:40: Ja.

00:08:41: Als du damals gewechselt bist von der inneren Medizin in die Psychiatrie, hattest du da das Gefühl, dass du angekommen bist?

00:08:48: Ja, also natürlich musste ich mich am Anfang auch ein bisschen erst mal eingewöhnen, weil ja schon ist halt etwas anders als in der Hausarztpraxis.

00:08:58: Aber doch, man ist halt sehr schnell drin und es war genau mein Ding.

00:09:03: Es macht mir immer noch total viel Spaß.

00:09:04: Ich bin ja schon sehr lange hier am Arbeiten, aber ich kann mir eigentlich gar nicht vorstellen, woanders zu arbeiten.

00:09:09: Du hast natürlich innerhalb der Klinik im Bond an verschiedene Stationen schon durchlaufen.

00:09:14: Du hast angefangen im Sekretariat der Röntgenabteilung.

00:09:17: Was war das damals für eine Aufgabe?

00:09:19: Genau, also praktisch habe ich die Patienten, die in die Radiologie gekommen sind, aufgenommen.

00:09:26: Ich habe die ganzen Befunde geschrieben.

00:09:28: Ja, und das war eigentlich eher meine Haupttätigkeit.

00:09:32: Alle CT-Befunde, EEG und EKG und Röntgenbefunde.

00:09:36: nach Tiktat geschrieben.

00:09:38: Es hat auch Spaß gemacht, man hat ja auch noch mal viel gelernt, aber mir fehlte halt dieser enge Bezug zu den Patienten.

00:09:45: Das habe ich sehr schnell gemerkt, dass mir das doch sehr fehlt.

00:09:49: Ja, und dann habe ich irgendwann das Glück gehabt, dass in der Ambulanz eine Stelle frei geworden ist, um mich direkt darauf beworben und hatte dann das Glück, dass man mich genommen hat.

00:09:58: Also du wusstest damals, welche Krankheiten die Personen haben, aber kanntest die Personen nicht.

00:10:02: Genau, also ich hatte auch klar als MFA, man nimmt ja Blutab, man setzt die Po-Spritzen.

00:10:11: Und da war es eigentlich nur die Anmeldung.

00:10:13: Ich habe den Patienten halt kurz gesehen und das war es und das hat mir einfach gefehlt.

00:10:18: MFA ist ja so ein Begriff, den viele schon mal gehört haben.

00:10:21: Wenn du auf einer Party eingeladen bist, dann erzählst du so, dass du MFA bist in einer psychiatrischen Klinik.

00:10:26: Wie stellen sich die Leute deine Arbeit dann vor?

00:10:29: Ja, gut, meistens, dass man einmal in den Fangen sitzt, die Patienten annimmt, nach der Versichertenkarte fragt, vielleicht mal eine Spritze setzt, Blut abnimmt.

00:10:39: Ja, und das war es eigentlich.

00:10:42: Dabei ist es halt viel, viel mehr als nur das.

00:10:47: Also wir sind ja irgendwie Organisationstalente, wir organisieren den kompletten Ablauf in der Ambulanz oder halt in der Praxis.

00:10:55: Wir sind die ersten Ansprechpartner, Kummerkasten.

00:10:59: Also oft töft es den Patienten auch, wenn man ihnen halt mal ein bisschen Zeit gibt, dass sie erzählen können, ihren Frust, ihren Kummer loswerden können.

00:11:10: Also da steckt schon mehr dahinter.

00:11:11: Ja, wie sieht denn so ein normaler Arbeitsalltag von dir aus, wenn du da in der Ambulanz tätig bist?

00:11:18: Wie geht es los?

00:11:18: Was machst du als erstes morgens?

00:11:20: Ja gut, wenn ich komme, dann checke ich erstmal die E-Mails.

00:11:24: Wir haben auch ein extra Postfach nur für die Traumambulanz.

00:11:27: Wir haben Bearbeite, Anfragen.

00:11:30: Dann geht es auch schon los mit den Telefonaten.

00:11:34: Entweder ruft mich der Patient selber an, Familienangehörige, der Weiße Ring, der Opferschutz, die Polizei.

00:11:43: Dann leg ich die Termine an von den Patienten.

00:11:48: Viele müssen halt noch einen Antrag stellen, weil wir halt nach dem sozialen Entschädigungsrecht arbeiten.

00:11:52: Und da unterstütze ich halt die Menschen, weil das viele Fragen sind.

00:11:56: Man muss über die Tat auch nochmal Auskunft geben.

00:11:59: Das triggert natürlich auch je nachdem, was passiert ist.

00:12:04: Und so geht das eigentlich den ganzen Tag.

00:12:05: Also ich werte noch Testungen aus, die unser Team mit den Patienten halt macht.

00:12:11: Und ja, das geht dann eigentlich so den ganzen Tag.

00:12:16: Es gibt natürlich auch Leute, die jetzt gerade zuhören und sich mit dem Begriff Trauma eigentlich gar nicht wirklich auskennen.

00:12:22: Die wissen, dass es diesen Begriff gibt, aber die gar nicht wissen, was steckt denn eigentlich dahinter.

00:12:26: Kannst du das mal deutlicher machen?

00:12:28: Was genau ist eigentlich ein Trauma?

00:12:30: Ja, das ist halt, wenn ein belastendes Ereignis geschehen ist.

00:12:35: Das kann zum Beispiel eine Gewalttart sein.

00:12:38: Natürlich geht ja ein Mensch anders mit einem Erlebnis um.

00:12:42: Aber wenn man dann... wenn es einem dadurch schlecht geht, dass es mich so belastet, dass ich Konzentrationsstörungen bekomme, Schlafstörungen, vielleicht auch ein sozialer Rückzug auf einmal kommt, dass ich mich komplett zurückziehe, depressive Episoden, also praktisch belastet dieses Ereignis ein so sehr, dass der Alltag auch gar nicht mehr richtig ablaufen kann, wie es halt vorher gewesen ist.

00:13:10: Ja, vermutlich auch.

00:13:12: Verkehrsunfall oder irgendwie sowas, so Dinge, die halt völlig aus dem Nichts kommen, die dann auf einmal einen Riesenstellenwert im eigenen Leben einnehmen, so eine erzählische Verletzung?

00:13:24: Genau.

00:13:24: Jetzt ist es aber bei uns so, dass wir da wir über das soziale Entschädigungsrecht arbeiten, gerade so in einem Fall wie einem Verkehrsunfall.

00:13:35: nur von uns behandelt werden kann, wenn es halt während der Dienstzeit passiert ist.

00:13:40: Weil wir rechnen gar nicht mit den gesetzlichen Krankenkassen ab, sondern nur nach dem sozialen Entschädigungsrecht.

00:13:46: oder halt über die Berufsgenossenschaften, wenn während der Dienstzeit etwas passiert ist.

00:13:50: Das kann ein Autounfall sein auf dem Weg zur Arbeit, auf dem Weg zurück oder halt auch ein Ereignis, ein Unfall während der Arbeitszeit.

00:13:59: Ja, bedeutet da kommen Menschen, Zu euch, die im Prinzip gar nicht wissen, was gerade mit ihnen so passiert, weil sie gar nicht einordnen können, was sie für Erlebnisse gerade haben?

00:14:10: Genau, das müssen auch keine akuten Erlebnisse sein.

00:14:13: Also es gibt auch Menschen, der Mensch kann ja viel aushalten und ja, man funktioniert ja auch ganz gut.

00:14:23: Das heißt, es können auch Erlebnisse sein, die schon halt etwas länger zurückliegen.

00:14:27: Und trotzdem irgendwann dann bericht irgendwie alles zusammen.

00:14:32: Dann kann vielleicht noch mal ein neues Ereignis gekommen sein, was gar nicht so gravierend ist, aber dann holt das alles wieder hoch.

00:14:40: Und ja, dafür ist es halt gut, dass die Menschen dann in die Traumaambulanz kommen können.

00:14:45: Das ist gar nicht so einfach, solchen Menschen dann gegenüberzutreten und sie erst mal da abzuholen, wo sie gerade sind und denen dann noch zu helfen, oder?

00:14:53: Ja, also ich glaube, wichtig ist am Anfang halt erstmal, das zuhören.

00:15:00: Zuhören, dass der Mensch halt sieht, er hat jetzt hier einen Raum.

00:15:03: Das ist ja auch häufig, braucht man erst mal Mut, um über das Erlebte zu reden oder den Schritt überhaupt zu wagen, in die Traumambulanz zu kommen.

00:15:12: Deswegen machen wir das halt alles immer in einem ruhigen Raum, dass der Mensch halt auch sieht, er kann sich jetzt erstmal zurückziehen.

00:15:18: Und wenn er dann halt merkt, da hört mir halt jetzt jemand mal zu, ich werde nicht bewertet.

00:15:25: Das schafft ihr auch dann halt so ein bisschen Vertrauen, was halt ganz wichtig ist in der Traumambulanz oder überhaupt generell in der Psychiatrie.

00:15:32: Als MFA bist du natürlich auch relativ schnell mit den Patienten und Patientinnen in Kontakt.

00:15:39: Wie genau sind da deine Aufgaben in diesem Kontakt mit dem Patienten?

00:15:44: Ja, wie gesagt, ich bin ja die erste Anlaufstelle.

00:15:47: Wenn die Patienten sich bei uns melden, ja, dann rufen sie halt erstmal bei mir an.

00:15:52: dann schildern sie mir ein bisschen über die Tat, damit ich abwägen kann, ist das ein Fall für die Traumambulanz oder nicht?

00:16:02: Genau, dann mache ich mit den Patienten Termine.

00:16:05: Mit den meisten mache ich dann auch zusammen diese Anträge.

00:16:08: Also man muss halt einen Antrag stellen nach dem sozialen Entschädigungsrecht für zum Beispiel die schnellen Hilfen.

00:16:14: Da bekommen die Patienten dann fünf probatorische und... Im Idealfall, wenn der Antrag genehmigt wird, noch mal zehn Sitzungen Adkuterapie.

00:16:24: Das heißt, maximal haben die Patienten dann halt einen Anspruch auf fünfzehn Sitzungen.

00:16:30: Dafür muss halt dieser Antrag gestellt werden.

00:16:33: Und gerade weil da auch die Tat beschrieben werden muss, mache ich das mit den Patienten zusammen und versuche die da auch ein bisschen zu entlasten.

00:16:42: Ist das nicht ein wahnsinnig schwieriger Moment, wenn du da mit jemandem sitzt, der was ... sehr Schlimmes erlebt hat, ein Trauma davon getragen hat und dann mit dir erst nochmal die ganze Tat rekonstruieren muss, bevor es in eine Therapie geht.

00:16:57: Ist es nicht irgendwie schon ein riesengroßer Teil der Behandlung, damit dir in dem Moment drüber zu sprechen?

00:17:05: Ich glaube, wenn der Mensch sich erst mal entschieden hat, in die Traumaambulanz zu kommen, da ist er schon ein großer Schritt getan.

00:17:13: Deswegen helfen den Patienten auch immer beim Ausfüllen der Anträge, damit sie das nicht alleine machen müssen.

00:17:20: Und natürlich fließen auf Tränen.

00:17:22: Und ich muss auch öfters mal schlucken, was es halt für Traumatas geht, beziehungsweise was die Erlebnisse sind.

00:17:30: Aber gut, das ist halt meine Arbeit.

00:17:32: Und ich bin ja da halt mit, um zu helfen.

00:17:37: was das Ausfüllen angeht und auch erst mal das Ankommen zeigen, dass man keine Angst haben muss, dass sie eigentlich den richtigen Weg gewählt haben, nämlich sich Hilfe zu suchen, um das Erlebte verarbeiten zu können.

00:17:51: Und deswegen natürlich nimmt man auch mal was mit nach Hause und denkt noch mal drüber nach.

00:17:56: Aber am Ende des Tages hat man den Patienten schon mal beim ersten Schritt mithelfen können.

00:18:02: Ja, das gerade aus dem Punkt, über den ich nachgedacht habe, wie häufig Du in deiner Freizeit dann an deinen Arbeitsalltag noch mal zurückdenkst, weil also wird man irgendwann so, ich nenn es mal professionell, dass man irgendwann sagen kann, so jetzt ist Feierabend, jetzt denke ich nicht mehr drüber nach oder beschäftigen einen manche Fälle dann einfach doch weiter.

00:18:22: Natürlich beschäftigen einen manche Fälle, weil sie einfach wirklich halt schrecklich sind.

00:18:30: Und ich bin ja auch nur ein Mensch.

00:18:34: Natürlich kann ich jetzt nicht sagen, gut, das ist meine Arbeit, zack, fertig.

00:18:38: Aber ich versuche schon, das nicht zu sehen, in mein Privatleben einfließen zu lassen.

00:18:43: Aber klar, man denkt halt nochmal drüber nach, gerade bei manchen Geschichten etwas mehr.

00:18:48: Aber wichtig ist dann halt auch, dass man sich auch sagt, so jetzt ist halt Feierabend.

00:18:54: Und man macht einfach was Schönes dann.

00:18:57: Gerade an solchen Tagen versucht man sich halt, abzulenken oder irgendwas Schönes zu machen, um halt abschalten zu können.

00:19:04: Ja, ich kann mir vorstellen, wenn jemand da ankommt, der dann wirklich ein Trauma hat, dass es ganz, ganz wichtig ist, dass dieser Erstkontakt halt auf eine positiver Art und Weise abläuft.

00:19:15: Hast du da Tricks Mittel, die du anwendest, damit sich die Leute besonders wohl fühlen in Anführungssteichen?

00:19:24: Ja, was heißt Tricks?

00:19:25: Also natürlich sollte man den Menschen erstmal gut empfangen, ja, freundlich.

00:19:32: ihm erst mal ein bisschen den Raum geben und das Zuhören ist halt einfach immer wichtig.

00:19:39: Auch nicht ausquetschen jetzt, was die Taten angeht.

00:19:42: Also ich sage den Menschen halt auch immer, sie müssen nicht zu weit ins Detail gehen.

00:19:47: Wenn es sie zu sehr belastet, dann kann man das alles auch immer noch mal später weiter fortführen.

00:19:52: Ja, aber ich glaube Zuhören, dass er auch jetzt sieht, der Mensch ist halt jetzt in Sicherheit.

00:20:01: kann auch mal frei darüber halt sprechen.

00:20:03: Ich glaube, das ist so das mit das Wichtigste erst mal.

00:20:06: Ihr habt in der Traumambulanz Patientinnen von achtzehn bis fünfundsechzig Jahre, so ist eigentlich definiert.

00:20:12: Gibt es ein Alter, in dem Traumata besonders häufig auftreten?

00:20:17: Kann man sowas sagen?

00:20:18: Nein, eigentlich nicht.

00:20:20: Und

00:20:20: so würde ich jetzt sagen, nein.

00:20:22: Verlaufen die unterschiedliche nach Alter?

00:20:26: Ja, also jeder Mensch geht ja anders mit dem Trauma halt um.

00:20:30: Ja.

00:20:31: Gut, jetzt, was die Jugendlichen angeht, da hab ich jetzt nicht so meine Erfahrungen, weil da haben wir halt eine Extraabteilung.

00:20:37: Ja, aber im Endeffekt kommt es auch auf die Tat an und halt immer auf den Menschen.

00:20:44: Bei Älteren würde ich sagen, es ist ein bisschen anders, aber es ist halt nur meine eigene Einschätzung.

00:20:51: halt jetzt, weil die halt mit dem Trauma dann ein bisschen anders umgehen, also anders im Sinne von... weniger belastet beziehungsweise dieses ja es ist halt jetzt so ich muss halt da steckt ja doch schon in manchen menschen halt noch dran.

00:21:08: gibt es wenn ich jetzt irgendwas erlebt habe mich frage habe ich vielleicht ein trauma?

00:21:13: gibt es sichere anzeichen dafür dass man ein trauma hat?

00:21:18: weil ich kann mir vorstellen dass je nach charakter menschen das auch erstmal versuchen einfach weg zu drücken und zu ignorieren.

00:21:25: Ja, der Mensch versucht ja erst mal zu funktionieren oder versucht vielleicht auch in diesen Alltag zurückzukommen und versucht es halt auszublenden, nur wenn natürlich nach einem halben Jahr es immer noch einem echt schlecht geht mit einer depressiven Symptomate, Konzentrationsstörungen, sozialer Rückzug, vielleicht auch Trigger, dass irgendwelche auf der Straße oder im Fernsehen Gerüche aussehen.

00:21:54: was den Patienten dann halt nochmal, den Menschen halt nochmal sehr belastet, dann spricht man dann halt auch von einem Trauma.

00:22:03: Ja, geht dein Trauma dann eigentlich wieder weg oder lernt man damit zu leben?

00:22:07: Das ist jetzt eine gute Frage.

00:22:11: Doch, also wenn man halt eine gute Therapie machen konnte, um das Erlebte richtig zu verarbeiten, auch dann kann man halt, ja, dann kann man danach auch wieder... Ein ganz normales Leben führen.

00:22:26: Es ist halt nur wichtig, dass man es halt richtig anpackt.

00:22:29: Du hast an deiner Karriere mit Sicherheit schon einige Fälle erlebt, die ihr richtig angepackt habt.

00:22:35: Wie häufig hast du dieses Gefühl von, ja genau dafür mache ich den Job?

00:22:39: Eigentlich überwiegt dieses Gefühl, weil klar, man lernt den Menschen mit der Zeit ja auch mehr kennen.

00:22:45: Die sind ja jetzt auch nicht innerhalb von ein paar Monaten bei uns mit der Behandlung durch.

00:22:50: Das zieht sich je nachdem auch.

00:22:51: schon mal bis zu zwei Jahren.

00:22:53: Und es lohnt sich immer wieder, ne?

00:22:55: Weil der Mensch wird offener.

00:22:58: Man freut sich schon wieder über den Lächeln, über ein kleines Gespräch.

00:23:03: Doch das überwiegt auf jeden Fall.

00:23:05: Und wie häufig haderst du mit der Welt?

00:23:08: Bei den Fällen, die du dann so miterlebst, gibt's doch bestimmte Momente, dass man denkt, das muss doch nicht sein.

00:23:14: Ja, das hab ich häufig.

00:23:16: Das hab ich auf jeden Fall häufiger.

00:23:19: Das kommt halt immer auf die Taten halt an.

00:23:23: Ja, mal Taten, klar.

00:23:25: Die sich immer wieder wiederholen, die sehr häufig sind.

00:23:30: Und dann macht man sich schon Gedanken, warum man sowas tut, warum das geschieht.

00:23:35: Was geht da in den Köpfen der Menschen vor?

00:23:39: Das auf jeden Fall.

00:23:40: Also, wenn man jetzt im Büro sitzt, hat irgendwo ein Job bei der Stadtverwaltung oder so.

00:23:46: Dann hat man ja mal gut, immer schlechte Tage.

00:23:48: an den einen Tagen zieht man sich ein bisschen mehr zurück, an den anderen quatscht man vielleicht ein bisschen mehr mit den Kollegen und Kolleginnen.

00:23:53: Ich frag mich gerade, wie das für dich ist, wenn du jeden Tag solche extremen Fälle auf der Arbeit hast, mit denen du irgendwie umgehen musst.

00:24:03: Gibt es diese Momente, wo du denkst, boah, ich kann heute sowas nicht ertragen?

00:24:07: Ähm, ja, gar nicht ertragen, nicht.

00:24:10: Aber natürlich, also, wenn halt jetzt jemand bei mir war und ich den Antrag mit ihm ausgefüllt habe.

00:24:18: Wo das Ereignis schon extremst belastend und schlimm war, dann drehe ich danach erst mal ein Röntgen.

00:24:25: Also dann gehe ich aus der Traumambulanz halt raus.

00:24:27: Ich sag dann halt, unser Leitung Bescheid, die hat da eh sehr viel Verständnis höher.

00:24:32: Und dann gehe ich erst mal raus und eine Runde spazieren, einfach um den Kopf dann halt nochmal kurz mal freizukriegen und mal durchzuatmen.

00:24:40: Ja, das kann ich mir gut vorstellen.

00:24:42: Ihr seid ja ein sehr interdisziplinäres Team.

00:24:46: Ist das insgesamt ein Thema, was bei euch relativ hochgehangen wird?

00:24:52: So dieses, ich muss auch mal damit klarkommen, diese Selbsttherapie, die man vielleicht dann braucht, dass du mit deinen Kolleginnen und Kollegen darüber sprechen kannst?

00:25:00: Ja, also gerade mit unserer Leitung, also mit der spreche ich halt sehr viel darüber, wenn es schon Ereignisse gibt, die mich dann halt auch belasten.

00:25:10: Aber wir haben es halt auch im Ganzen.

00:25:12: Ob das jetzt auch andere Kollegen und Kolleginnen von mir sind, die sich auch ein Ohr nehmen, dass man einfach mal sich da hinsetzt, mal darüber sprechen kann, dass einer auch noch mal zuhört.

00:25:24: Tipps vielleicht auch gibt, wie man es halt jetzt ein bisschen verarbeiten kann, ohne dass man selber zu sehr belastet ist.

00:25:31: Das ist bei uns schon im ganzen Team eigentlich ziemlich wichtig.

00:25:34: Ja, das sehen wir halt auch alle so.

00:25:37: Ja, Nina, das geht alles emotional schon ganz schön tief und ich glaube, um so einen kurzen Cut mal da rein zu bekommen, möchte ich mit dir über ein anderes Thema sprechen, was deine Karriere auf jeden Fall auch begleitet.

00:25:49: Das Thema Digitalisierung beziehungsweise Scanning, du bist als MFA.

00:25:53: ziemlich vielseitig unterwegs beim LVR.

00:25:55: Man hat fast das Gefühl, als wäre deine Stelle ganz nach deinem Können definiert worden.

00:25:59: Bei deinem Lebenslauf haben wir schon darüber gesprochen, dass du die Digitalisierung und das Scannen von Patientenakten angestoßen hast vor etlichen Jahren.

00:26:07: Und daraus hat sich jetzt aber noch wesentlich mehr entwickelt, was du quasi als zweiten Teil neben der MFA-Stelle machst.

00:26:14: Was ist dieses begleitete Scannen?

00:26:17: Genau, das begleitete Scannen ist ja ein Scan-Programm, bei uns in der Klinik ist es halt das Programm Pegasus.

00:26:25: Das heißt, dass die Akten von allen Patienten schon während dem stationären Aufenthalt gescannt werden müssen.

00:26:35: Deswegen heißt es halt auch begleitende Scannen.

00:26:37: Das heißt, man scannt schon während der stationären Aufenthaltes alle Dokumente und ab.

00:26:44: dem Tag der Entlassung werden die Akten runter in unser Archiv gegeben und dann wird alles nochmal Qualitätsgesichert.

00:26:53: Wir brauchen halt ein revisionssicheres Archiv und deswegen wird jedes Dokument nochmal in der Qualitätssicherung geprüft, eventuell nochmal nachbearbeitet.

00:27:06: Genau deswegen haben wir dann halt auch keine Aktenläufe halt mehr.

00:27:12: Wir hatten ja früher so ein bestimmtes zehnteiliges Register.

00:27:15: Das gibt es halt gar nicht mehr.

00:27:17: Jetzt gibt es halt nur noch gescannt und nicht gescannt, also noch zwei Register.

00:27:21: Und man kann halt von jedem Arbeitsplatz aus dann darauf zugreifen.

00:27:26: Also früher musste der Arzt oder die Pflege erst mal die Akte suchen.

00:27:30: Wir hatten ja Akten, die waren ja riesengroß.

00:27:33: Ja, mit, weiß ich, vier, fünfhundert Dokumenten drin.

00:27:37: So.

00:27:37: Wenn die alle ins Archiv noch müssen, dann Platz alles irgendwann aus allen Nähten.

00:27:43: Und so kann halt von jedem Arbeitsplatz direkt da in die Akte online halt geschaut werden.

00:27:49: Man findet alles sofort, man hat Zugriff, man kann es ausdrucken.

00:27:53: Es war einfach viel.

00:27:54: Es kann sich ja jemand, der jetzt vielleicht zwanzig ist und sich denkt, oh, MFA in der VR Clinic in Bonn kann ich mir auch vorstellen.

00:27:59: Der kann sich gar nicht mehr vorstellen, wie das früher war.

00:28:01: Es war dann wirklich einfach so ein Batzenpapier und dann gab es einen Archiv und dann gab es jemand, der die Akte da unten rein gelegt hat und... dann musste die erst mal halt wieder hochgeholt werden und händisch übergeben werden an einen Arzt oder eine Ärztin, um dann zu zeigen, wie ist eigentlich der Krankheitsverlauf, was wurde da bisher gemacht.

00:28:21: Und dann kam die Akte hinterher wieder zurück ins Archiv und wenn der nächste da reingucken wollte, musste sie erst wieder rausgeholt werden.

00:28:26: Was natürlich total viel Rennerei ist.

00:28:28: und dieses, ich habe alles auf meinem Computer, auf meinem Smartphone, das ist eine relativ neue Entwicklung und die hast du damals angestoßen.

00:28:35: oder habe ich das richtig verstanden?

00:28:37: Ja, also das war aber nur damals im ambulanten Bereich.

00:28:41: Also klar hatten wir da schon unsere Drucker, wo man halt auch mit scannen konnte.

00:28:45: Und ich hatte irgendwann mal angefragt, ob die Möglichkeit besteht, dass man unsere Unterlagen eventuell auch scannen kann.

00:28:53: Natürlich haben wir halt Patienten, die zwanzig, dreißig Jahre halt bei uns in Behandlung sind.

00:28:59: Und da helfen sich natürlich auch die Papiere.

00:29:01: Und dann habe ich es halt einfach irgendwann mal halt versucht, ob es halt funktioniert.

00:29:04: Und es hat halt geklappt.

00:29:05: Und mein dreimaliger Chef hat dann gesagt, ich soll es halt mal an das Ideenmanagement schicken.

00:29:11: Genau.

00:29:12: Daraufhin habe ich dann halt die Prämie bekommen.

00:29:14: Und dann wurde in den Ambulanzen ja fast ausschließlich nur noch gescannt.

00:29:19: Ja.

00:29:20: Und jetzt inzwischen hat sich das auf die gesamte Trauma-Ambulanz ausgeweitet.

00:29:25: Oder wie verstehe ich das, diese begleitetes Kennen ist jetzt halt heute auch noch ein Riesenthema bei euch.

00:29:30: Das ist in der kompletten Klinik oder eigentlich in allen LVR-Kliniken.

00:29:35: Also überall wurde das Pegasus eingeführt.

00:29:39: Da geht es dann halt auch um die ganzen stationären Akten.

00:29:42: Nicht nur in der Traumambulanz, sondern komplett.

00:29:46: Die elektronische Patientenakte, die wird ja jetzt bald eingeführt.

00:29:51: Das heißt, die Dokumente der Patienten müssen halt digital verarbeitet worden sein.

00:29:58: damit er sich die auf seine elektronische Patientenakte dann halt rüberziehen lassen kann.

00:30:02: Das war mit auch ein Grund, warum das Pegasus dann eingeführt worden ist.

00:30:07: Ja.

00:30:08: Und siehst du jetzt in deinem Arbeitsalltag als MFA, siehst du wirklich so die Vorteile, dass du denkst, ach krass, das wäre damals nicht möglich gewesen.

00:30:16: Meine Arbeit hat wirklich was verändert.

00:30:17: Ja,

00:30:18: kein Suchen mehr, kein Blättern mehr.

00:30:23: Ich habe halt alles griffbereit.

00:30:24: Also wie heute bin ich halt in einem Büro von meiner Kollegin.

00:30:28: Selbst von da könnte ich jetzt über Pegasos Patientendaten raussuchen.

00:30:33: Die Ärzte, selbst wenn jemand von zu Hause im Homeoffice arbeiten würde, er kann halt von überall darauf zugreifen.

00:30:40: Man findet alles schneller, weil da ist es auch nochmal in verschiedenen Registern unterteilt.

00:30:46: damit man's schneller finden kann, das Dokument, was man halt gerade sucht.

00:30:50: Aber ich hab's halt direkt vor mir.

00:30:52: Ich blätter nicht erst in der Akte rum oder suche, wo ist denn jetzt gerade mal die Akte?

00:30:56: Wer hat sie gerade?

00:30:58: Das war einfach wirklich vieles.

00:31:00: Und tatsächlich ist die Stelle, die du jetzt hast, die ist ja quasi wie geschaffen für dich, ne?

00:31:05: Auf der einen Seite MFA, auf der anderen Seite dieses Pegasus-Programm, was du da betreuest.

00:31:09: Das kann man sich so auch kein zweites Mal vorstellen, das ist einfach an deiner Person gewachsen, oder?

00:31:14: Ja, weil das Thema Digitalisierung mich halt sehr interessiert hat, eben, um halt vieles zu vereinfachen.

00:31:20: Und klar, in der heutigen Zeit, also muss man da schon ein bisschen mitgehen.

00:31:26: Ja, und als ich dann halt die Möglichkeit bekommen habe, in Pegasos mit eins zu steigen, habe ich mich total gefreut, weil es ist zusätzlich halt auch noch mal was anderes.

00:31:35: Nina, wir legen die Papierberge jetzt trotzdem wieder zur Seite und kommen zurück zu den Krankheiten.

00:31:40: Im zweiten Teil dieses Podcast wollen wir auch immer so ein bisschen Aufklärung betreiben.

00:31:43: vor allem auch für Angehörige.

00:31:45: Das Schwierige am Umgang mit psychischen Erkrankungen ist ja, halt häufig, dass diejenigen, die nicht erkrankt sind, dass sie diese Krankheiten nicht nachvollziehen können.

00:31:55: Daraus resultieren dann Unverständnis und Stigmatisierung.

00:31:58: Und wie würdest du jemandem, der nicht erkrankt ist, ein Trauma erklären?

00:32:04: Dass es einen im Vordergrund halt natürlich das belastende Ereignis steht, dass das den Menschen komplett umwirft.

00:32:13: Dass man sich nicht wundern darf, wenn es einem einer Bekannten passiert ist, die sich zurückzieht, dass man hinhört, fragt, zeigt man, dass man da ist.

00:32:23: Das ist halt besonders wichtig.

00:32:25: Dass man auch keine Ängste haben muss, auf den Menschen zuzugehen.

00:32:32: Ja, dass der Mensch sich von seinem Wesen her verändern kann.

00:32:38: gerade was die depressive Symptomatik halt auch sein kann, dass er nicht mehr lachen kann, sich nicht mehr freuen kann.

00:32:44: Jemand, der vielleicht früher immer gerne sich mit seinen Freunden getroffen hat, sich dann zurückzieht, traurig ist, Ängste entwickelt, nicht mehr das Haus oder die Wohnung verlassen möchte, sich nicht mehr richtig konzentrieren kann und einfach keine richtige Teilhabe mehr am Leben.

00:33:05: Was würdest du jemandem sagen?

00:33:07: der mit dem Satz auf dich zukommt.

00:33:09: Das ist ja schon Jahre her, da kann man bestimmt nichts mehr machen.

00:33:12: Ja, dann würde ich sagen, doch kann man.

00:33:15: Das hatte ich ja vorhin schon mal gesagt.

00:33:16: Der Mensch kann ja gut funktionieren bis zu einem gewissen Punkt.

00:33:22: Ja, und selbst wenn das Trauma halt schon ein paar Jahre zurückliegt.

00:33:25: Es war halt ein belastendes Ereignis, was ein auch nach Jahren nochmal total umwerfen kann.

00:33:32: Und es lohnt sich dann immer, dieses Ereignis anzugehen, um es einfach zu verarbeiten.

00:33:37: Macht

00:33:37: das ein Unterschied, ob man direkt damit zu euch kommt oder ob man da jetzt ein paar Jahre ins Land ziehen lässt, bevor man daran geht?

00:33:46: Gut, wenn es natürlich etwas ist, was akut passiert ist und man dann schnell mit der Behandlung anfangen kann, dann hat man eher die Chance, dass es sich halt nicht chronifiziert, weil man es dann halt einfach schneller anpacken und schneller in die Verarbeitung gehen kann.

00:34:03: Aber auch das braucht natürlich Zeit.

00:34:06: auch wenn es halt ein frisches Ereignis ist.

00:34:08: Ja.

00:34:08: Und wie weit seid ihr denn eigentlich auf die Hilfe?

00:34:10: Nenn ich es mal von Angehörigen angewiesen, weil gerade bei depressiven Episoden und so weiter ist es ja häufig gar nicht so einfach, die Kraft zu entwickeln, zu sagen, ich gehe jetzt los, ich brauche Hilfe.

00:34:22: Ja, zugehören, Hilfe anbieten.

00:34:25: Es ist ja häufig bei uns, dass Ehemann, Ehefrau, Partner, Partnerin oder auch Freunde anrufen.

00:34:34: Den... was aufgefallen ist, die sich einfach erkundigen wollen.

00:34:38: Was gibt es für Hilfen?

00:34:40: Wie können die unterstützen?

00:34:42: Das haben wir schon relativ häufig.

00:34:43: Dass auch tatsächlich Familienangehörige sich melden, um erst mal vorab anzufragen.

00:34:51: Wie läuft das ab?

00:34:52: Was muss der Mensch machen?

00:34:54: Infos schon mal einholen, die dann halt den Partner-Partnerinnen oder Familienangehörigen weitergeleitet werden.

00:35:01: Wer kann sich denn eigentlich bei euch melden?

00:35:03: Alle Menschen, die halt eine Gewalt hat erlebt haben, Menschen, denen etwas während der Berufsausübung passiert ist, genau.

00:35:12: Das sind so die Kriterien, um halt in die Traumambulanz kommen zu können.

00:35:18: Gibt es eigentlich so Vorurteile, mit denen Patientinnen in der Traumambulanz häufiger konfrontiert sind?

00:35:26: Gibt es immer dieselben Vorurteile, unter denen sie vielleicht sogar leiden?

00:35:30: Ja, klar.

00:35:31: Wenn jemand das halt versucht zu bagatellisieren.

00:35:34: oder ja, wenn mir das passiert wäre, würde ich anders mit umgehen.

00:35:39: Ist auch nicht so schlimm.

00:35:40: oder auch dieses ach, das ist doch schon so lange her.

00:35:44: Das sind, glaube ich, die häufigsten Sätze, die die Menschen dann halt hören.

00:35:48: Ja.

00:35:49: Was wünschst du dir von der Gesellschaft im Umgang mit traumatisierten Menschen?

00:35:54: Dass man einfach mehr zuhört, dass man da ist.

00:35:57: dem Menschen halt zeigt, es gibt Hilfe.

00:36:01: Im zur Seite steht, zeigt, dass man halt nicht alleine ist.

00:36:05: Ja.

00:36:06: Es gibt eine Frage, die jeder Gast und jede Gästin gestellt bekommt hier in diesem Podcast.

00:36:10: Der Podcast trägt nämlich auch das Motto sinnvoll in jeder Beziehung.

00:36:14: Die richtige Beziehung ist ja die Basis für eine gute Behandlung.

00:36:19: Was ist das denn für dich sinnvoll in jeder Beziehung?

00:36:22: Ja, Aufklärung für den... Patientenaufklärung für Angehörige, dass der Mensch halt nicht alleine ist, Hilfestellungen geben, aktives Zuhören, was ich halt total wichtig finde, gerade in unserem Bereich.

00:36:40: Aus Südfrankreich, über Paris bis in die LVR-Klinik in Bonn und heute hier in diesem Podcast.

00:36:46: Seelenarbeit, Nina Erschwertje.

00:36:48: Nina, danke für dein Besuch und dafür, dass du uns allen Traumata ein bisschen näher gebracht hast.

00:36:52: Ja, dann in vielen Sankt, dass ich dabei sein durfte.

00:36:55: Und natürlich hoffen wir für jeden da draußen, dass er und sie möglichst niemals mit einem Trauma in eine Klinik müssen.

00:37:01: Aber wenn das eben doch passiert, dann kann man sich einfach nur glücklich schätzen, wenn man an Menschen wie dich gelangt, die sich kümmern, die sich einsetzen, die zuhören, die da sind, die Dinge anpacken und ausstrahlen, dass irgendwie nach einer dunklen Nacht auch irgendwann die Sonne wieder aufgeht.

00:37:15: Danke dafür, Nina.

00:37:16: Sehr gerne.

00:37:17: Das war Nina Eschwertier für euch, MFA und noch so viel mehr an der LVR Klinik in Bonn.

00:37:23: Wenn euch das Gespräch auch so gut gefallen hat wie mir, dann lasst einfach gerne mal ein Like oder jede Menge Sterne da bei eurem Podcast Anbieter und abonniert Seelenarbeit am besten direkt, damit ihr auch die nächste Folge nicht verpasst.

00:37:35: In Folge sechs erfahrt ihr, wie der Arbeitsalltag von Assistenzärzten und Ärztinnen eigentlich aussieht.

00:37:41: In vier Wochen ist es soweit genug Zeit, um... eine unserer anderen Folgen noch mal nachzuhören.

00:37:46: Zum Beispiel Folge vier mit Pflegerin Michelle Sugar.

00:37:49: Wie viel Nähe darf eigentlich in einer Beziehung zu Patientinnen aufgebaut werden?

00:37:54: Und in welchen Situationen ist es du auch mal okay?

00:37:57: Hört einfach jetzt direkt noch mal rein.

00:37:59: Noch viel mehr Infos zur Arbeit und dem Arbeitsalltag in den LVR-Kliniken findet ihr auch auf den sozialen Kanälen des LVR.

00:38:07: Und das war's für heute.

00:38:08: Ich bin Daniel Schwengeheuer.

00:38:09: Bis bald, macht's gut.

00:38:09: Tschüss.

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